Reise Tag 7 – und Abbruch
Über die Berge – und zurück
Ich schreibe diesen Bericht, als ich schon wieder in Deutschland bei meiner Mutti bin und er umfasst mehrere Tage. Daher ist er auch ein klein wenig umfangreicher geworden.
In der Nacht auf dem schönen Platz am Fluss bei Névache hatte ich nicht halb so gut geschlafen wie in der vorher. Am Morgen, es ist ein Sonntag, dann die Nachricht von meiner Ma, dass es ihr zwar leid tue, aber sie möchte gerne, dass ich zurück komme … Nun gut, ich hatte ihr versprochen, dass ich umdrehe, wenn es ihr so schlecht gehen sollte, dass sie meint es geht nicht. Anscheinend ist es jetzt so.
Ich mache mit ihr aus, dass ich nicht mehr weiter nach Süden fahre, sondern mich schon mal in Richtung Norden bewege, aber noch nicht gleich heute auf die Autobahn. Es sind immerhin gut 1000 km bis zu ihr und ich habe so schlecht geschlafen, dass ich mir das auch nicht zutrauen würde. Ich verspreche, am Mittwoch bei ihr zu sein.
Es fällt mir nicht leicht. Diese Tour entlang des Mittelmeeres bis zu den Katharerburgen wollte ich schon im letzten Jahr machen, und ich ahne leise, dass sie etwas Besonderes mit mir gemacht hätte. Was auch immer … Aber jetzt ist es eben so und die Entscheidung ist gefallen. Also starte ich nach einem gemütlichen Frühstück in Richtung des Col du Lautaret. Diesen Pass hatte ich mir schon vorher ausgeguckt. Es geht ziemlich hoch hinauf, ist aber trotzdem gut zu fahren – und man kann anscheinend oben übernachten. Und ich will auf alle Fälle Milchstraße vor der Linse haben heute Nacht. Das geht irgendwie gar nicht, in dieser Gegend zu sein, und kein Nachtfoto zu machen 😉
Also rolle ich das liebliche Tal der Clarée weiter hinab in Richtung Briançon. Stadtbesichtigung hatte ich eigentlich nicht auf dem Plan. Aber das sieht so interessant aus hier, mit den verschiedenen Festungen, dass ich doch einen kurzen Stopp einlegen muss. Aber er wird wirklich nur kurz. Auch wenn sich hier sicherlich viel Zeit verbummeln ließe, es zieht mich mehr in die Natur. Außerdem hatte ich ein paar Orte weiter eine Therme entdeckt. Das wäre doch genau das Richtige heute, nach der gestrigen Wanderung, zwei Stunden im heißen Wasser.
Die Therme ist in Monêtier-les-Bains und schnell gefunden. Vom Parkplatz aus kann man in das Außenbecken schauen – doch das ist so rappelvoll, dass mir schnell die Lust vergeht. Später ärgere ich mich kurz darüber, aber jetzt fahre ich dann doch erstmal weiter. Aber eine kleine Müdigkeit macht sich breit. Die schlaflose Nacht … Im nächsten Ort mache ich einen kleinen See aus. Sowas mag ich, Mittagsschläfchen in schöner Umgebung. Der Parkplatz am See ist dann nicht sooo toll, aber was solls. Ich will ja eh die Augen zu machen 😉 Schlafe aber auch jetzt nicht sonderlich gut. Das ist dann der Moment, wo ich denke, die anderthalb Stunden hier hätte ich mal besser im guten Thermalwasser verbracht.
Aber der Tag schreitet voran und ich will ja noch auf den Pass. Der ist dann ganz schnell erreicht, obwohl 2058m hoch. Sehr schön ist es hier, wenn auch ziemlich windig. Leider hat der botanische Garten zu. Schade, wo doch gerade alles so herrlich blüht. Dafür könnte man vielleicht direkt hier davor übernachten… hm. Ich checke verschiedene Perspektiven für die Milchstraße. Direkt vor dem Auto wäre mir ja am liebsten 😉 . Geht, aber alles nicht so toll, weil immer die Gebäude auf dem Pass mit drauf wären und da sicher auch Licht ist nachts. Aber Stellplätze für die Nacht gäbe es hier oben mehrere.
Ich fahre zu einem Parkplatz ein Stück weiter unten und überlege, noch etwas zu wandern. Aber der Weg geht quasi parallel zu Straße, was mich jetzt nicht ganz so reizt. Oder doch noch ganz hoch fahren auf den Col du Galibier und dort übernachten? Ach, in die andere Richtung, vom Pass herunter, sieht es aber auch nett aus. Also anstatt einer kleinen Wanderung lieber noch ein Stück dort entlang fahren…. Und das sollte sich als wahrer Glücksgriff erweisen. Zuerst komme ich an herrlichen Narzissenwiesen vorbei. Parkmöglichkeiten gibt es zum Glück genug und die Kamera kann sich so richtig austoben in den Blümchen. Dass die Franzosen da gar nichts kennen und mitten im Naturschutzgebiet fleißig Blumen pflücken finde ich allerdings durchaus befremdlich. Das habe ich an dem Tag schon mehrfach beobachtet.
Hinter der nächsten Kurve entdecke ich unten im Tal einen türkisblauen See, dahinter ein schneebedeckter Berg. Oh. Mein. Gott. Da muss ich hin. 🙂 Das ich dafür bis ganz hinunter muss und dann wieder ein Stück in ein Tal hinein stellt sich erst nach geraumer Zeit heraus. Aber gut, wenn ich schon mal da bin … Direkt am See ist es dann leider gar nicht mehr so schön wie von oben. Aber ein paar Bilder entstehen dann doch noch. Okay, was jetzt? Erstmal wieder hinauf auf den Pass, dann ist wahrscheinlich schon fast Zeit für das schöne goldene Abendlicht. Auf der Fahrt nach unten hatte ich noch ein Schild entdeckt zu einem weiteren See. Vielleicht kann man da auch direkt bis heran fahren?
Das wird ausprobiert. Ein sehr schmales Sträßchen später finde ich jedoch heraus, dass es oben zwar einen Parkplatz (beides nur für PKW geeignet und nicht für Womos) gibt, man aber doch noch ein Stück laufen muss. Na, macht nichts, es ist ja noch Zeit. Jetzt muss aber Kamera und Stativ und alles mit! Und was soll ich sagen, am Lac du Pontet ist es wunderschön. Es gibt alles, was das Fotografenherz so begehrt – und eine, kurzlebige, Herzwolke gleich noch dazu. Ich werde bis zum Sonnenuntergang dort bleiben – und gleich noch über Nacht auf dem Parkplatz. Milchstraße, ich komme 🙂
Die steht dann leider nicht ganz dort, wo ich sie erwartet hätte und ich muss wieder weiter hinauf steigen als mir lieb ist. Eigentlich wär es super toll am See, denn der Wind hat sich gelegt. Aber es ist trotzdem ziemlich kalt – als ich wieder zum Auto komme, ist das Dach von Raureif überzogen. Und ich merke in dieser Nacht mal wieder: Ich liebe es, in die Sterne zu gucken, und ich finde auch die Bilder faszinierend. Aber so richtig Spaß macht mir das im Dunkeln nicht alleine. Was mir tagsüber gar nichts ausmacht, sondern im Gegenteil fast meditativ für mich ist, ist Nachts für mich irgendwie … doof. Und langweilig. Ich ertappe mich schon bei Selbstgesprächen, das ist glaube ich kein gutes Zeichen. Aber ich bin natürlich trotzdem auf die entstandenen Bilder gespannt. Das wird nur noch etwas dauern.
Eingekuschelt unter meinen Decken brauche ich dann eine Weile, um wieder warm zu werden. Den Schlafsack habe ich nicht mit, schließlich will ich ja hauptsächlich ans warme Mittelmeer. Zum Glück habe ich aber den Infrarot Nierengurt dabei. Der darf jetzt nach und nach alle halb erfrorenen Körperteile auftauen und irgendwann so gegen früh um vier schlafe ich dann auch warm und tief und fest. 🙂
Ein strahlend blauer Himmel mit fantastischen Wolkenformationen begrüßt mich am Morgen. Den Sonnenaufgang habe ich natürlich verpennt. Aber das bedauere ich gar nicht, der Abend und die Nacht waren intensiv genug. Nun soll es aber hinauf gehen, auf den Col du Galibier. Der ist immerhin 2645m hoch. Ich wusste vorher gar nicht, dass man mit dem Auto bis auf diese Höhe kommt. Die eigentlich Passhöhe ist denn auch noch gesperrt wegen Schnee. Aber es führt ein Tunnel hundert Meter tiefer hindurch, so dass der Pass insgesamt befahrbar ist. Ein passierbarer Pass ist was Feines – und die Parkplätze vor und hinter dem Tunnel auch. Ein nettes holländisches Pärchen will fotografiert werden. Das nutze ich natürlich aus, und so gibt es auch mal ein Bild von mir mit Landschaft.
Ach ja, in der Gegend würde ich es schon noch länger aushalten … Auf dem Weg hinunter noch ein Stopp an einer dekorativen Berghütte. Erstaunt lese ich auf dem Wanderschild, dass ich mich nun genau auf der anderen Seite des Pointe des Cerces (3097m hoch) befinde. Den habe ich auf meiner Wanderung gestern die ganze Zeit bewundert und auch von hier aus könnte man zu den Seen laufen, an denen ich gestern war. Allerdings wären das von hier etliche Höhenmeter mehr. Aber jetzt weiß ich auch, wo der Weg raus kommt, der dort oben weiter ging.
Aber nun geht es endgültig hinab ins Tal. Das ist dann Kontrastprogramm. Wie so viele große Alpentäler ist es voller Industrie- und Gewerbegebieten, Autobahnen und Gleisen. Da ist der schöne Fluss nur ein Statist. Aber ich bin jetzt sowieso so richtig auf der Rückreise und verabschiede mich innerlich schon von den Bergen. Ich bin noch verabredet für den Abend. Ich werde die Nacht auf einem Campingplatz am Lac d’Annecy verbringen und mich dort mit einer netten Frau aus meiner Facebook-Minicamper-Gruppe treffen. Wir hatten schon nicht mehr daran geglaubt, dass das was wird, aber nun liegt es quasi doch direkt auf meinem Weg. Der zieht sich allerdings erstmal noch hin, weil ich noch durch das Massif des Bauges fahren will, statt für die Autobahn zu zahlen. Eine sehr liebliche Landschaft ist das da oben. Ganz im Gegensatz zu den schroffen und kargen richtig hohen Bergen. Aber mein spätes Mittagsschläfchen – mal wieder an einem See – rächt sich mit einer gesperrten Straße und fast 10 Kilometern, die ich fluchend wieder zurück fahren muss.
16:30 komme ich dann endlich am Campingplatz an. Und wundere mich. Für diese eine Nacht ist das hier vollkommen in Ordnung. Vielleicht auch noch für eine zweite, wenn man Annecy anschauen möchte. Der Platz ist schön, mit Gras und Birken. Die Stellplätze auch recht geräumig. Aber zum See muss man ein Stück laufen und dann gibt es nur eine ganz kleine Bucht. Rundum Privatgelände. Ansonsten sind rund um den Platz nur Häuser. Was macht man hier längere Zeit, einfach so zwischen den anderen Leuten? Das wäre mir definitiv nichts. Da würde ich mir doch lieber eine Ferienwohnung nehmen. Aber wie schön, dass es für alle Bedürfnisse und für jeden Menschen unterschiedliche Angebote und Möglichkeiten gibt. Stellt euch nur mal vor, wir wären alle gleich, das wäre ja schrecklich.
Dafür ist man aber in 5 Minuten zum Supermarkt gelaufen. Ich möchte heute unbedingt noch Fisch grillen, bevor es wieder nach Hause geht. Da schreckt mich dann auch nicht, dass der hier wirklich unverschämt teuer ist. Der hiesige Wein schmeckt auch nicht übel. Aber wir hätten lieber bei meinem guten italienischen Roten bleiben sollen. Am nächsten Morgen fällt es jedenfalls sehr schwer, die Augen auf zu bekommen. Daran, dass die Flasche am Ende leer war kann es jedenfalls nicht gelegen haben 😉 So einen Abend mal nicht alleine genieße ich jedenfalls auch sehr. Und ich freue mich immer, wenn man völlig unbekannte Leute trifft und sich auf Anhieb gut versteht und unterhält. Man mag von Facebook halten was man will, aber ich hätte ohne das nicht schon so viele nette Kontakte geknüpft. Denn auch, wenn mir das immer niemand glauben will der mich kennt, bin ich von Haus aus doch eher schüchtern. 😉
So komme ich denn am Morgen auch nicht ganz so zeitig weg wie geplant. Ein gemütliches Frühstück muss noch sein. Doch dann geht es in Annecy auf die Autobahn. Mit ein wenig Magengrummeln, weil ich keine Tankstelle fand um eine Schweizer Vignette zu kaufen – es gab überall nur Tankautomaten. Aber direkt an der Grenze dann zum Glück ein kleiner Verkaufsstand. Und ziemlich schnell bin ich dann durch die Schweiz gerollt. Entscheide mich für die Strecke über Basel statt Zürich. Und lande dann auf der A5 natürlich prompt im Stau. Also schaffe ich es nur bis Sinsheim. Was nicht schlimm ist, denn dort ist eine tolle Therme, in die ich schon immer mal wollte. Und den nun, leider recht kurzen, Urlaub unter Palmen ausklingen zu lassen ist ja auch schön. Die Palmen an der Cote D’azur wären mir zwar lieber, aber das Beste aus dem zu machen, was nun mal gerade ist, ist eine Lebensdevise von mir. Ich glaube, nicht die Schlechteste. Der Sonnenaufgang am Morgen auf dem Parkplatz ist dann auch recht verheißungsvoll.
Danke, dass du mit mir gereist bist. Wenn auch nicht so weit wie gedacht. Ich gehe ganz sicher wieder auf Tour. Ob nun noch mit dem Kangoo oder dann schon mit dem Trafic wird sich zeigen. Diese Berichte zu schreiben macht mir jedenfalls große Freude – und ich freue mich, wenn ich auch dich ein wenig inspirieren kann, neugierig und im Fluss der Fügungen unsere schöne Welt zu erkunden. Herzlichst, Britta.
PS: Die Bilder sind leider wieder in umgedrehter Reihenfolge zu der Beschreibung im Text
2 Replies to “Reise Tag 7 – und Abbruch”
Liebe Britta, ich lese Deine Reiseberichte sehr gerne, erfrischend und informativ, so dass ich Lust bekommen, selbst auf Reisen zu gehen. Und gespannt bin ich immer wieder auf Deine Fotos. Sie sind so schön und inspirierend. Ich danke Dir dafür!!! Schade, dass Du nun zurück musst. Ich wünsche Dir und Deiner Mutti alles Liebe. Herzlich(t)e Grüße von Antje
Liebe Antje,
ich danke dir von Herzen. Ganz sicher werde ich wieder auf Reisen gehen – und auch darüber berichten. Das macht mit einfach große Freude. Und wenn ich andere damit inspirieren kann umso mehr.
Herzlichst, Britta